Kalmus: Die Sumpfwurzel für Entspannung in Bauch und Kopf

Kalmus

Kalmus – Acorus calamus

Kalmus ist eine mehrjährige, maximal eineinhalb Meter hoch wachsende schilfartige Pflanze, die sich hauptsächlich in feuchten Sumpf- und Flussgebieten wohlfühlt. Man erkennt sie leicht an ihren langen lanzettförmigen und stellenweise stark gewellten Blättern, ihrem aromatischen Duft und in der Blütezeit an dem festen „Kolben“, der auf die Zugehörigkeit zur Familie der Aronstabgewächse hinweist. Durch das bis zu einem halben Meter lange, waagerecht kriechende fleischige Rhizom vermehrt sich Kalmus unterirdisch.

Der Name Kalmus stammt vermutlich vom lateinischen calamus bzw. griechischen kálamos (= jeweils Rohr) ab, was zu seiner schilfrohrartigen Gestalt passt. Den botanischen Namen Acorus leiten manche vom griechischen ákoros (= Name einer Pflanze mit aromatischer Wurzel) ab, während andere  Erklärungsansätze ihn aus a (= nicht) und kóros (= Sättigung) zusammensetzen. Warum das stimmen könnte, erfahren Sie weiter unten. Im Englischen wird Kalmus auch als sweet flag bezeichnet, was auf den süßlichen Duft hinweist, den die Wurzeln verströmen.

Kalmus Wurzel

Kalmus ist eine faszinierende Heil- und Gewürzpflanze mit einer reichen Geschichte. Ursprünglich stammte sie aus Südchina und Vorderindien, wo das getrocknete Rhizom seit uralten Zeiten sowohl zum Würzen von Speisen als auch medizinisch genutzt wurde. Auch antike griechische und römische Ärzte wie Dioskurides oder Plinius der Ältere schätzten Kalmus wegen seiner wärmenden, harntreibenden und antitoxischen Eigenschaften. Nachdem sich die Pflanze bis nach Mitteleuropa verbreitet und eingebürgert hatte, fand sie auch dort Eingang in die Medizin- und Kräuterbücher, zumeist als Mittel gegen Magen-Darm-Leiden, Husten, Schwindsucht und Kopfschmerzen. Hippokrates arbeitete bei Erkrankungen der Gebärmutter mit Räucherungen und Spülungen, denen Kalmus zugesetzt war. Der italienische Arzt und Botaniker Matthiolus zog ihn im 16. Jahrhundert gegen „Gebresten, so sich von kaltem Schleim und Blästen erheben, es sey gleich das Bauchgrimmen, Seitenwehe, Keichen, Krampff, Verstopfung der Leber und des Miltzes“ heran. Zu den weiteren Indikationen gehörten immer wieder Augenleiden, Fieber, körperliche und geistige Schwächezustände, nachlassende Manneskraft und Geschwüre. Später im 17. Jahrhundert empfahl der in Diensten des dänischen Königs stehende deutsche Arzt Simon Pauli Soldaten, wie die tapferen Tataren stets ein Stückchen der Wurzel zur Desinfizierung des Trinkwassers bei sich zu tragen. Diese Tradition ist noch heute in mehreren Gegenden der Welt gängig; so glaubt man sich im Emsland und in der Türkei vor Ansteckung sicher, wenn man bei Krankenbesuchen getrocknete oder ingwerähnlich schmeckende kandierte Kalmuswurzel kaut. Einen Versuch ist es wert, denn tatsächlich wirken einige Inhaltsstoffe kräftig antibakteriell – und schaden wird es sicher nicht, denn als „Nebenwirkung“ hat man höchstens eine bessere Verdauung zu erwarten.

Wie viele andere Heilpflanzen ranken sich übrigens auch um Kalmus so manche Bräuche: In Pommern etwa legt man für eine angeblich besonders heilkräftige Magen-Tinktur die am Johannistag stillschweigend zwischen 11 und 12 Uhr gesammelten Wurzeln in Branntwein ein. Und in sehr katholischen Gegenden Süddeutschlands wird die Route von Fronleichnamsprozessionen teilweise mit Kalmusblättern bestreut, so dass beim Betreten und Befahren ein süßer Duft aufsteigt. In Niederbayern nennt man die Pflanze deshalb auch „Schmeckats“ (schmecken = in diesem Fall „duften“).

Interessant:

Die indische sowie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) verwenden traditionell eine Kalmus-Variante, die sich im Tierversuch als krebserregend herausgestellt hat und in Deutschland deshalb verboten ist. Hier erhältliche Präparate sind frei von dem entsprechenden Stoff.

Grüne Kapsel mit BlattTherapeutisch wird Kalmus heute ähnlich eingesetzt wie zu allen vorhergegangenen Zeiten. Die Volksmedizin empfiehlt Zubereitungen aus Kalmuswurzel erfolgreich z.B. bei Appetitlosigkeit (siehe die Namensherleitung weiter oben!), schwacher Gallensekretion, niedrigem Blutdruck, Völlegefühl, Blähungen, Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Übelkeit und Magenkrämpfen. Klar, dass der originale Schwedenbitter-Magenschnaps nicht ohne Kalmus auskommt! Besonders appetitlose oder schwächliche Kinder trinken freilich lieber den recht angenehm schmeckenden Kalmus-Tee – man kann ihnen bittere Magenkräuter wie Wermut oder Enzian also getrost ersparen. Man setzt dafür ca. 1 EL getrocknete Wurzelstücke mit einer Tasse kaltem Wasser an, lässt dies mehrere Stunden stehen, kocht dann nur sehr kurz auf und seiht sofort ab. Bezüglich des Nervensystems sind positive Effekte von Kalmus auf Nervosität und Unruhe aufgrund von Stress, Erschöpfungszuständen und Konzentrationsschwierigkeiten bekannt. Anekdotisch wird berichtet, dass Kalmus-Tee oder das Kauen von Kalmuswurzeln bei der Entwöhnung vom Rauchen unterstützen.

Äußerlich können Bäder, Spülungen, Waschungen, Umschläge und Gurgeln mit starkem Kalmuswurzel-Tee Halsschmerzen, Entzündungen der Mundschleimhaut, Hautausschläge, Geschwüre, Rheuma und Knochenschmerzen lindern. Für diesen breiten Katalog an Heilwirkungen sind u.a. ätherische Öle, der Bitterstoff Acorin, Cholin, das strukturell meskalinähnliche Asaron und Kalmusgerbsäure zuständig.

ACHTUNG:

Schwangere dürfen Kalmus nicht zu sich nehmen, da er vorzeitige Wehen auslösen könnte. Sie können problemlos auf andere, besser geeignete Heilkräuter ähnlicher Wirkung ausweichen, z.B. Thymian bei Magenkrämpfen und Eibisch bei Halsschmerzen.

Bei Durchfall ist innerlich angewendeter Kalmus ebenfalls nicht angezeigt.