Kleinblütiges Weidenröschen: Die unterschätzte Heilerin für Harnwege und Prostata

Foto: Lilian Kura

Das Kleinblütige Weidenröschen gehört zu denjenigen Pflanzen, deren Kraft lange Zeit vergessen war. In diesem Fall war es Maria Treben, die das unscheinbare, maximal hüfthoch an lichten Bachufern und Waldrändern wachsende Kraut in den 1970er-Jahren wieder ins Interesse der Heilkunde rückte. Mit seinen winzigen hellrosafarbenen Blüten ist es nicht einmal recht blumenstraußtauglich – und doch ein wichtiges Heilmittel. Aber für was nun genau?

Grüne Kapsel mit BlattSo „unmännlich“ der Name auch klingt: Das Haupt-Einsatzgebiet des Kleinblütigen Weidenröschens ist die Prostata. Wenn diese sich im Alter gutartig vergrößert (Benigne Prostatahyperplasie/BPH), drückt sie auf die Blase, welche sich außerdem nie vollständig entleert … und schon muss man/n nachts öfter raus. Hiergegen sowie bei sogenannten Miktionsbeschwerden (schmerzhafte und/oder unvollständige Blasenentleerung mit „Nachtröpfeln“) kann die Einnahme von Weidenröschentee helfen. Ähnlich wie Kürbiskerne, Brennnesselwurzeln und Sägepalmenfrüchte enthält es nämlich relevante Mengen an Phytosterolen, vor allem das sogenannte Beta-Sitosterol. Flavonoide, Gerbstoffe und Polyphenole wie Quercetin ergänzen die stärkende, reizlindernde Wirkung auf Prostata und Blase.

Übrigens: Auch gegen Blasen- oder Nierenreizungen – egal ob beim Mann oder bei der Frau! – tritt das Weidenröschen in der traditionellen Pflanzenheilkunde an. Hier kombiniert man es mit weiteren bewährten Kräutern wie etwa Bärentraube, Brennnessel, Goldrute, Schachtelhalm und Birke. Dass es dabei noch den Geschmack der anderen Heilkräutertees verbessert, sei gnädig hingenommen. :-)

In Versuchen zeigt sich Weidenröschen-Extrakt außerdem innerlich wie äußerlich angewendet stark antibakteriell, sogar gegen E. coli, den Erreger unangenehmer Magen-/Darm-Erkrankungen.

Noch ein kleiner Ausflug in die Etymologie, also Namensgebung unserer unterschätzten Heldin: Der Gattungsname epilobium setzt sich zusammen aus den Bestandteilen epi = „auf“, lobos = „Schote“ und ion = „Veilchen“. Übersetzt haben wir also ein „Veilchen auf der Schote“. Betrachten wir ein voll ausgereiftes Weidenröschen, wird alles klar – die kleinen, tatsächlich veilchenartigen Blüten sitzen am oberen Ende eines schmalen, an eine Schote erinnernden Fruchtknotens. Dieser platzt nach dem Verwelken der Blüte auf und entlässt im Hochsommer Hunderte von beflaumten Samen fliegend in die Luft. So verbreitet sich die Pflanze mit dem Wind auch über größere Strecken.

PS: Weitaus imposanter als die kleinblütige Form, jedoch therapeutisch weniger relevant ist das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium). Es besiedelt, oft als Pionierpflanze nach Kahlschlägen oder Waldbränden, hüfthoch und weithin purpurn leuchtend große Flächen. Man nennt es deshalb auch „Feuerkraut“. Die vielen anderen Weidenröschen-Arten sind ebenfalls hübsch, aber medizinisch unbedeutend.