Gänsefingerkraut: Das unkaputtbare Anti-Krampf-Grün

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Ausgerechnet dem plattfüßig-ausscheidungsintensiven Lifestyle der Gänse verdankt ein hochwirksames Arzneikraut seine massenhafte Ausbreitung – und seinen Namen. Das kriechend wachsende Gänsefingerkraut mit seinen gefiederten, unterseitig silbrig behaarten Blättern und den goldgelben Blüten liebt nämlich verdichtete, gut gedüngte Böden! Deshalb ist es fast überall da zu finden, wo Menschen mit ihren Tieren sind: Als sogenannter Kulturfolger wurde es in Futtervorräten, Tiermägen und Hufen über ganze Kontinente verschleppt und hat überall schnell Fuß gefasst. Inzwischen zählt das Gänsefingerkraut zu den am weitesten verbreiteten Pflanzenarten.

Dass es obendrein ein mächtiges Heilmittel ist, kann man an seinem botanischen Namen ablesen: Potentilla Grüne Kapsel mit Blattanserina setzt sich aus den lateinischen Begriffen potens (= machtvoll) und ans (= Gans) zusammen. Davon können Kühe und Pferde zwar theoretisch nichts wissen, doch fressen sie es instinktiv seit Urzeiten gezielt bei Bauchweh. Der Mensch brauchte etwas länger, um das zu erkennen: Erst im späten Mittelalter taucht das Gänsefingerkraut offiziell in den Kräuterbüchern auf. Überlieferungen lassen vermuten, dass lediglich die germanische Heilkunde schon länger mit Milch-Abkochungen des Krauts gegen das vorging, was wir heute gastrointestinale Beschwerden nennen – Bauchkrämpfe, Durchfall und Blähungen. Pfarrer Kneipp hat dieses Rezept ebenfalls mit Begeisterung angewendet. Volksmedizinisch galt ein Brei aus frischem Gänsefingerkraut, mit Salz und Essig vermengt und auf die Fußsohlen gestrichen, als gutes Fiebermittel.

Gegen Fieber würde es heute kein Mediziner mehr einsetzen und auch der Aberglaube, eine an Johanni ausgegrabene Gänsefingerkrautwurzel trüge einem die Liebe aller Menschen zu, ist ad acta gelegt. Doch als krampflösendes Mittel haben Tees und Tropfen mit Gänsefingerkraut einen festen Platz in der Phytotherapie eingenommen. Sie wirken hervorragend immer dann, wenn die sogenannte unwillkürliche Muskulatur betroffen ist, also jene, die wir nicht mit Willenskraft an- oder entspannen können. Zu den Indikationen zählen demnach Magen- und Darmkrämpfe (mit und ohne Blähungen), Menstruationsbeschwerden (Gebärmutterkrämpfe) und krampfartiger Husten. Wegen des hohen Gehalts an zusammenziehenden Gerbstoffen ist der Tee, aufgegossen aus dem getrockneten Kraut, ein starker Verbündeter gegen bakteriell bedingte Durchfälle: Durch das „Verdichten“ der Darmschleimhaut finden Krankheitserreger weniger Oberfläche und prallen einfach ab. Zusätzlich wird der Flüssigkeitsverlust über die Darmwand gebremst. Dasselbe Schema gilt für alle Schleimhäute, weshalb Tee und Tinkturen mit Gänsefingerkraut auch zum Spülen bei Zahnfleisch- und Mundschleimhautentzündungen verwendet werden.

ACHTUNG: Merkwürdigerweise gilt diese lindernde Wirkung nicht bei Reizdarm – hier können sich Symtome sogar verschlechtern! Greifen Sie bei Reizdarm unterstützend besser zu Heilpflanzen wie Schafgarbe, Kamille, Kümmel, Ingwer oder Leinsamen.