Majoran: Das vielseitig talentierte Nicht-nur-Küchen-Kraut

Wer Majoran hauptsächlich in deftiger Kartoffelsuppe, Griebenschmalz oder Gänsebraten verortet, liegt keinesfalls falsch. Sein charakteristisches Aroma passt tatsächlich ganz hervorragend zu gehaltvollen Mahlzeiten und hilft gleichzeitig bei deren Verdauung. Volksnamen wie Bratenkräutel, Kuchelkraut oder Wurstkraut weisen klar in diese Richtung.

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Bereits in der Antike würzte man gern und viel mit dem bis zu 80 cm hoch strauchig wachsenden Lippenblüter, der sich im trocken-warmen Mittelmeerraum pudelwohl fühlt. Die alten Griechen hatten ihn, neben Rosmarin und Thymian, der Liebesgöttin Aphrodite geweiht. Wohl weil er die Beckenregion besser zu durchbluten vermag, sagte man ihm aphrodisierende Wirkung nach und schmückte folgerichtig frisch verheiratete Paare mit Girlanden aus dem hübsch weiß bis hellrosa blühenden Kraut. In Arabien vertraute man auf Majoran-Aufgüsse gegen Trunkenheit – eine Anwendung, die zwar weitgehend wirkungslos geblieben sein dürfte, bestimmt aber katerbedingte Kopfschmerzen erleichterte.

Später im Mittelalter kamen mit Epilepsie, Sprachstörungen und allerhand psychischen Gebrechen Krankheiten dazu, die man heute selbstverständlich nicht mehr durch Kraut-Auflagen auf den Kopf (!) behandeln würde.

Von medizinischer Relevanz ist nach wie vor die im Süden beheimatete, winterharte Sorte Origanum majorana. Sie weist den höchsten Gehalt an ätherischen Ölen, Gerb- und Bitterstoffen, Flavonoiden, Glykosiden und Rosmarinsäure auf. Wer sich Majoran in den Kräutergarten holen möchte, muss sich hierzulande mit einjähriger Majorana hortensis zufrieden geben. Dieser „Garten-Majoran“ (lat. hortus = Garten) kam im 16. Jahrhundert mit mitteleurropäischen Mönchen zu uns. Er schmeckt und riecht zwar weniger aromatisch als sein heißblütiger Verwandter, besitzt jedoch ähnliche Wirkungen und ist obendrein eine wunderbare Bienenweide.

Grüne Kapsel mit BlattNeben den bekannten Heilanzeigen gegen Verdauungsschwäche, Blähungen, Völlegefühl oder Appetitlosigkeit hat Majoran aus volksmedizinischer Sicht einige Indikationen in der Frauen- und Kinderheilkunde. Als Tee oder Tinktur eingenommen, verordnen ihn phytotherapeutisch arbeitende Ärzt:innen und Heilpraktiker:innen z.B. gern bei ausbleibender oder schmerzhafter Menstruation. In Form von Vaginalzäpfchen (gemeinsam mit Melisse) oder Vaginalgel unterstützt er die Behandlung von Scheidenpilz- und HPV-Infektionen. Unter Hebammen und naturheilkundlich ausgerichteten Kinderärzt:innen erfreut sich seit vielen Jahrzehnten eine milde Majoransalbe großer Beliebtheit. Sanft um den Nabel herum einmassiert, lindert sie Babys Blähungen und Koliken. Verstopfte Schnupfennäschen werden durch die Salbe (auf Nasenflügel und Brust gestrichen) schneller frei, was natürlich auch für Erwachsene gilt.

Achtung:

Wegen der stimulierenden Wirkung auf die Gebärmutter darf Majoran nicht während der Schwangerschaft verwendet werden! Auch Bluthochdruck-Patienten sollten vorsichtig sein und sicherheitshalber ihre Ärztin oder ihren Arzt befragen.

Weitere Anwendungsgebiete des duftenden Krauts sind wegen seiner stark antibakteriellen und schleimlösenden Eigenschaften Erkältungssymptome wie Schnupfen, verstopfte Nasennebenhöhlen oder (leichtes) Asthma. Hier würde man entweder einen Tee zubereiten oder mit dem dem ätherischen Öl inhalieren. (Husten wird man je nach Beschwerdebild eher mit Thymian, Eibischwurzel oder Gundermann zu Leibe rücken.)

Äußerlich kann man Bäder, Auflagen oder Waschungen mit Majoransud bei Juckreiz sowie Nervenschmerzen versuchen. Manche Patienten berichten außerdem über eine allgemein nervenberuhigende Wirkung des verdampften ätherischen Öls bei nervöser Unruhe, Migräne und Schlaflosigkeit.

ÜBRIGENS:

Wer sich über den botanischen Namen Origanum wundert, hat die enge Verwandtschaft mit dem allseits bekannten „Pizzagewürz“ Oregano (Origanum vulgare, deutsch auch Echter Dost) erkannt. Tatsächlich gehören beide Pflanzen zur gleichen Gattung und sehen sich verblüffend ähnlich, werden aber recht unterschiedlich gebraucht. Oregano ist deutlich herber im Geschmack als der süßlich-warme, nur leicht bittere Majoran.