Bärlauch: Das grüne Aromawunder mit den giftigen Doppelgängern

Bärlauch Allium ursinum

Bärlauch – Allium ursinum

Ab Ende März kommt man in Mitteleuropa an Bärlauch nicht mehr vorbei. Die Zeitschriften strotzen vor Bärlauch-Rezepten, beim Spaziergang duften viele Wegränder herrlich knofelig und manche schattigen Grund- oder Waldstücke sind schier von ihm überwuchert. Selbst im Supermarkt kann man, wenn es an vertrauenswürdigen Selbstsammel-Quellen mangelt, frischen Bärlauch erwerben. Und das ist auch gut so! Zu köstlich sind Bärlauchpesto, Bärlauchsuppe, Kräuterquark, Bärlauch auf dem Butterbrot, um in der kurzen Reifezeit des Krauts darauf zu verzichten. Trotz aller Schwärmerei markiert ein typischer Stoßseufzer das Ende der Bärlauchzeit im Mai: „Schön war’s, aber jetzt reicht es wieder bis nächstes Jahr.“ Insofern fährt der Bärlauch mit seiner Strategie „Mach dich rar, sei ein Star“ ganz gut.

chef-hat-309146_640Die allgemeine Empfehlung lautet, Bärlauch nicht mehr zu verzehren, sobald er blüht. Tatsächlich verlieren die Blätter mit fortschreitendem Frühling sowohl an Zartheit als auch an Aroma. Giftig oder unverträglich werden sie dadurch aber nicht, und sogar die Blüten und Stängel sind essbar – am besten süßsauer eingelegt als Pickles. Zum Trocknen eignet sich kein Teil der Pflanze, weil sie dadurch beinahe ihr gesamtes Aroma einbüßt. Besser ist Einfrieren oder die Herstellung eines Bärlauch-Würzsalzes. Dazu einfach reichlich frischen Bärlauch mit grobem Meersalz zu einer grünen Paste mörsern, diese an der Sonne trocknen lassen, nochmals mörsern und in gut schließende Gläser füllen. (Wer all das verpasst hat oder die Bärlauchsaison auf das ganze Jahr ausdehnen möchte, findet in der Apotheke mehrere Produkte in Kapselform.)

Sie sehen schon: Wir möchten Sie unbedingt dazu ermuntern, möglichst viele Bärlauch-Rezepte auszuprobieren. Denn die Inhaltsstoffe – vor allem Flavonoide, Allicin, ätherische Öle und Vitamin C – wirken blutverdünnend und -reinigend, blutdrucksenkend und insgesamt antibakteriell.

Die verwandtschaftliche Nähe zu Zwiebel und Knoblauch zeigt der gemeinsame Gattungsname allium an. Der Bär (lat. ursus) steckt dann im zweiten Namensteil ursinum. Angeblich ist die Pflanze nämlich des Bären erste Wahl, wenn er aus dem Winterschlaf erwacht und schnell frische Energie braucht! Ausgerechnet diese Bärenkräfte waren es übrigens, die die Pflanze weitgehend aus den Gärten mittelalterlicher Klöster vertrieb: Zu sehr fürchtete man, dass der als fruchtbarkeitsfördernd und erotisierend bekannte Bärlauch die Keuschheit der Bewohner in Gefahr bringen könnte.

AchtungWICHTIG: Seien Sie beim Sammeln bitte höchst aufmerksam, denn der Bärlauch hat zwei äußerst giftige Doppelgänger: Maiglöckchen und Herbstzeitlose. Der reine Geruchstest durch Zerreiben der Blätter ist kein zuverlässiges Unterscheidungsmerkmal; zwischen zehn Bärlauchpflänzchen kann ein einziges Maiglöckchen sitzen und dann wird es gefährlich! Achten Sie deshalb auf die Stiele der Pflanzen: Bärlauchblätter sind weich, oben glänzend-sattgrün und unten matt. Sie stehen am Stengel einzeln, jedoch in Gruppen beieinander. Der Stiel zeigt einen halbmondförmigen Anschnitt. Maiglöckchen zeigen ihre an beiden Seiten glänzendgrünen, festen und in Zweierpaaren sich umfassenden Blätter erst einige Wochen später im Jahr. Ihr Stiel ist im Anschnitt rund. Auch die tödlich giftigen Herbstzeitlosenblätter umfassen den Stiel, wobei eines über dem nächsten direkt aus dem Boden sprießt. Sie sind im Vergleich fester und mattgrün. Ganz unten zwischen den Blättern sitzt eine Samenkapsel.

Dass man nach dem Genuss von Bärlauch ohne die gesellschaftlich verpönte Knoblauchfahne davonkommt, können wir übrigens nicht bestätigen. Zwar mindert der gleichzeitig hohe Chlorophyllgehalt sowie Erhitzen den Mundgeruch am Tag danach etwas, aber völlig ohne verräterische Knofelei gehen Sie auch mit Bärlauch nicht durchs Leben. Ein Glas Milch oder ein Sträußchen ausgiebig gekauter frischer Petersilie können nach der Mahlzeit Abhilfe schaffen, falls Sie noch unter empfindliche Mitmenschen müssen oder ein Kuss-Date haben. Noch konzentrierter ist der Wirkstoff Chlorophyll in entsprechenden Dragees aus Ihrer Apotheke.

AchtungACHTUNG: Gefährlich ist Bärlauch für manche Tiere! Pferde, Hasen, Kaninchen und Meerschweinchen sollten keinesfalls damit gefüttert werden, auch wenn das erste Grün noch so verlockend ist. Das Kraut kann bei ihnen Durchfall und blutigen Harn, Magen-Darm-Entzündungen, Gelbsucht und Kreislaufversagen verursachen.