Neembaum: Der robuste Schädlingsschreck mit Hausapotheken-Potenzial

Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn eine Pflanze sich selbst zu helfen weiß. Ist sie nämlich z.B. gegen Schädlinge immun oder kuriert eigene Verletzungen unkompliziert durch Bordmittel, weist das auf einen hohen Gehalt an nützlichen Abwehrstoffen hin. Das beste Beispiel ist wohl der Neem- oder Niembaum, der ursprünglich in Indien, Pakistan und Sri Lanka beheimatet war und dort große Verehrung genießt.

A propos groß: Mit Wuchshöhen von bis zu 40 Metern (unter optimalen Bedingungen) und ihrer manchmal ebenso ausladenden, weit verzweigten Krone sind Neembäume als Vertreter der Mahagonigewächse ausgesprochen beeindruckend. Ein Wurzelsystem, dessen Hauptwurzel doppelt so tief in die Erde reichen kann, wie der oberirdische Teil hoch ist (!), verankert sie selbst bei starkem Sturm sicher im Boden. Trockenperioden überstehen sie notfalls durch Abwurf ihrer 20-40 cm langen Fiederblätter … und das Beste: Hungrige Schädlinge haben bei ihnen schlechte Chancen. Sogar Wanderheuschrecken, die sonst buchstäblich ganze Landstriche kahlfressen, lassen auf ihren Raubzügen Neembestände links liegen.

Letztere Superkraft verdankt das „Geschenk des Himmels“, wie der Neembaum in alten Sanskrit-Schriften ehrfürchtig betitelt wird, einem hohen Gehalt an Inhaltsstoffen, die saugenden und beißenden Schädlingen nicht gut bekommen – allen voran das hormonähnliche Terpen Azadirachtin. Es steckt in allen Teilen des Baumes, hauptsächlich aber in den Samen der olivenähnlichen Früchte, aus denen man das fettige, stark aromatisch riechende Neemöl gewinnt. Kommen Parasiten in Kontakt mit Neemblättern, -blüten, -früchten, -rinde oder -holz, wird Azadirachtin in ihren Stoffwechsel eingebaut und hemmt dort verschiedene für die Fortpflanzung essenzielle Schritte. Bereits erwachsenen Schädlingen verderben weitere Stoffe wie Salannin und Meliantriol den Appetit. Deshalb können Blattläuse, Minierfliegen, Spinnmilben, Nematoden und Pilzbefall an Pflanzen mit einer Lösung aus Wasser, Neemöl und dem Emulgator Rimulgan wirkungsvoll bekämpft werden. Man gibt einfach 5ml Neemöl und 1 ml Rimulgan auf 1 l Gießwasser oder besprüht die Pflanze damit. Für Nützlinge wie Bienen, Marienkäfer etc. ist Neemöl harmlos und die behandelte Pflanze wird dadurch auf Dauer sogar widerstandsfähiger, weil sich Azadirachtin im Blattgewebe anreichert.

Auch gegen unerwünschte Mitbewohner von Mensch und Haustier sind Neem-Extrakte wertvoll. So wird man etwa Kopfläuse erfolgreich mit einem Läuseshampoo auf Neem-Basis (LICENER®) los. Floh-, Milben- und Zeckenbefall bei Mensch, Hund und Pferd wehrt man mit stark verdünntem Neemöl ab.

VORSICHT: Wenden Sie Neemöl niemals bei Katzen an!

Übrigens: Der Name Neem leitet sich vom Sanskritwort Nimbu ab, was „Krankheitserleichterer“ bedeutet. Tatsächlich schätzt die ayurvedische Medizin seine Kräfte bei der Behandlung diverser Beschwerden von Zahn- und Hautkrankheiten über Magengeschwüre, psychische Erkrankungen und Diabetes bis hin zu Krebs.

So weit geht unsere abendländische Medizin zwar nicht – doch die Palette der hierzulande bekannten Anwendungen ist dennoch beachtlich. Vor allem die antibakteriellen, fungiziden (pilzwidrigen) und entzündungshemmenden Eigenschaften von Neem-Zubereitungen kann man sich sehr einfach zunutze machen. So reagiert etwa gereizte, entzündete und trockene Haut (Neurodermitis, Psoriasis, Ekzeme, Krätze) erleichtert auf ein Bad in kalt angesetztem Grüne Kapsel mit BlattNeemblatt-Sud, gefolgt von der Einreibung mit Neemöl oder -salbe. Die Blätter werden dazu nicht gekocht, sondern man lässt sie nur 24 Stunden lang in Wasser ziehen. Soll Neemöl auf die Haut aufgetragen werden, mischt man es am besten mit anderen milden Trägerölen wie Mandel- oder Olivenöl. Für Tee oder Inhalationen – geeignet bei Husten, Bronchitis und Asthma – übergießt man die Blätter wie jeden anderen Kräutertee mit heißem, nicht mehr kochendem Wasser und lässt sie 10 Minuten ziehen. Gegen Entzündungen im Mundraum (Aphten, Parodontitis etc.) benutzt man diesen Sud abgekühlt als Mundspülung. Seit einiger Zeit gibt es außerdem Zahnpasta mit Neem.

Und natürlich macht der Held dieses Porträts auch noch schön: Zum Beispiel sind das herrlich glänzende Haar und die reine, samtige Haut der Inderinnen zu einem Gutteil auf Neemöl zurückzuführen. Bei uns sind neben dem reinen Neemöl, dessen Geruch doch recht gewöhnungsbedürftig ist, Fertigprodukte wie Heilsalben, Nagelpflegestifte und Haarkuren mit Neem erhältlich. Unreiner Akne-Haut rückt man mit Neemblatt-Gesichtsdampfbädern und -waschungen zu Leibe.

ACHTUNG: In der Schwangerschaft dürfen Neem-Präparate nicht innerlich eingenommen werden!