Rosskastanie: Für pferdestarke Venen

Rosskastanie Aesculus hippocastanum

Hand aufs Herz – können Sie im Herbst an den herrlich glänzenden, so schmeichelweich in der Hand liegenden Kastanien vorbeigehen, die überall aus ihren stacheligen grünen Hüllen hervorkullern? Nein, man muss wahrlich kein Kind mit Bastelplänen sein, um sich von den Samen der beliebten Biergarten-Schattenspenderin angezogen zu fühlen. Dort nämlich wird die Rosskastanie, so der Name des Mutterbaums, traditionell wegen ihres schnellen Wachstums und ihres dichten Blätterdachs angepflanzt – ursprünglich um die unterirdischen Bierkeller kühl zu halten. Gleichzeitig fütterte man (und das hatten sich die Mitteleuropäer von den Osmanen abgeschaut) die Brauereirösser mit den Kastanienfrüchten, wenn sie Husten hatten. So kam der Baum, dessen mächtigster Feind die Rosskastanienminiermotte ist, auch zu seinem botanischen Namen Aesculus hippocastanum (lat. hippo = Pferd).

Grüne Kapsel mit BlattDie Anti-Husten-Wirkung beruht übrigens hauptsächlich auf einer hohen Konzentration an Saponinen, wie sie z.B. auch in Efeu oder Schlüsselblumen enthalten sind. Sie lösen durch einen besonderen reflektorischen Reiz an der Magenwand den in den Bronchien festsitzenden Schleim, welcher dadurch besser abgehustet werden kann. Achtung: Menschen verwenden dafür bitte nicht die Kastanienfrüchte – sie sind schnell überdosiert und verursachen dann Magenbeschwerden. Sanfter wirkt ein Tee aus getrockneten Kastanienblüten, der auch bei nervöser Anspannung als Einschlafhilfe hilfreich ist. Das hat auch die Bachblütentherapie erkannt, die White Chestnut überall dort empfiehlt, wo die Gedanken Karussell fahren und ein Mensch deshalb nicht zur Ruhe kommt.

Weitaus bekannter sind Präparate aus der Rosskastanie jedoch für die nächsttiefer gelegene Etage – bei Venenbeschwerden. Denn überall da, wo sich Krampfadern ringeln und die Beine schwer von Ödemen werden, tritt übermäßig viel Wasser durch die Gefäßwände ins umliegende Gewebe aus. Vor allem der Inhaltsstoff Aescin im Kastaniensamen verbessert die Gefäßspannung und dichtet, zusammen mit den ebenfalls reichlich enthaltenen Gerbstoffen und Cumarinen, allzu durchlässig gewordene Venen ab. Gleichzeitig nehmen die feinen Kapillargefäße verstärkt Gewebsflüssigkeit auf und transportieren sie weiter. Die allgemeine Durchblutung sowie der Rückfluss des Blutes zum Herzen werden angeregt und leichte Entzündungsprozesse, die oft in Verbindung mit Krampfadern auftreten, können durch die Entlastung schneller abklingen. Hierbei spielen weitere Inhaltsstoffe wie Allantoin und Flavonoide eine Rolle.

All diese Fähigkeiten macht sich die Naturheilkunde sowohl innerlich zunutze als auch äußerlich. So sollten die Beine, nicht nur vor längeren Flugreisen, kräftig mit einem rosskastanienhaltigen Bein-Gel massiert werden, um „dicken Füßen“ zu vorzubeugen. Das Tragen spezieller Stützstrümpfe verstärkt den Effekt nachhaltig und ist auf jeden Fall zu empfehlen. Wir beraten Sie gern.

WICHTIG:  Sollten Sie regelmäßig und heftig unter geschwollenen Beinen und Fingern leiden, lassen Sie bitte beim Arzt andere Ursachen wie Herzinsuffizienz oder Lymphstauung ausschließen!

Doch damit ist der kastanischen Nützlichkeit längst nicht genug. Sogar in der Industrie wird die Arzneipflanze des Jahres 2008 als Rohstoff geschätzt: Ihr Saponingehalt macht sie für die Seifenherstellung interessant (griech. sapo = Seife), während ihr Stärkeanteil zu Milchsäure und Alkohol vergoren wird. In den beiden Weltkriegen spielten Kastanien unfreiwillig eine weitere unrühmliche Rolle: Man gewann daraus Aceton, das man für die Herstellung des Sprengstoffs Kordit benötigte.

Und während man hier noch Kastanienmännchen bastelt, treffen sich in Irland und Großbritannien Menschen allen Alters zu einem Spiel, für das es sogar Weltmeisterschaften gibt: „Conkers“. Dabei treten zwei Kontrahenten mit ihrer auf eine Schnur gefädelten Kastanie (Conker) gegeneinander an. Ziel ist es, mit möglichst kräftigen Treffern die gegnerische Kastanie zu zerbrechen. Natürlich ist das Ganze eine schiere Wissenschaft und es wird gepimpt, was das Zeug hält, denn je härter die Kastanie, desto besser. Um den idealen „Conker“ zu rekrutieren, kommen als legale Mittel etwa Essigbäder oder Trocknungsrunden im Backofen zum Einsatz.

*Zuhause können Sie mit Kastanien ganz leicht und umweltschonend Wäsche waschen: Pro Ladung etwa 6 ganz frische Kastanien mit einem scharfen Messer achteln, in verschließbarem Gefäß mit ca. 300 ml heißem Wasser aufgießen. Nach ca. 2 Stunden das Gefäß ausgiebig schütteln und den schäumenden Sud ins Waschmittelfach der Maschine geben. 1 EL Zitronensäurepulver aus der Apotheke dazu und starten. Die Wäsche wird wunderbar sauber und weich! Für einen Vorrat lassen Sie die Kastanien-Achtel sehr gut trocknen und mahlen Sie evtl. in einem starken Mixer zu Schrot. Dieser funktioniert ebenso gut wie die frischen Achtel; Sie benötigen pro Waschladung ca. 5 gehäufte EL davon (plus Zitronensäure).

Probieren Sie’s doch mal aus!