Flohsamen: Der Darmfreund mit dem großen Expansionsdrang

Flohsamen, Plantago ovata

Manche Dinge bringt man irgendwie so gar nicht mit Heilkraft in Verbindung. Flohsamenschalen sind so ein Fall. Das hellbraune, zartflockige und voluminöse Pulver erinnert eher an eine Backzutat als an ein pflanzliches Heilmittel. Und ganz falsch ist das auch gar nicht: Fand man Flohsamen vor einigen Jahren nur im Reformhaus oder in der Apotheke, gibt es sie heute in jeder Drogerie und sogar die meisten Supermärkte haben sie im Sortiment.

Der Grund ist der Trend zu kohlenhydratarmer, veganer und glutenfreier Kost, bei der alternative Bindemittel gefragt sind – und dafür eignen sich die Schalen des indischen Flohsamens ideal. Kommt das Pulver in Kontakt mit Flüssigkeit, beginnt es augenblicklich zu gelieren. Rührt man in diesem Moment nicht wie verrückt, entstehen dicke, schleimige Klumpen, die man nur mit mehr Flüssigkeit und noch energischerem Rühren wieder auflösen kann.

Flohsamen oder Flohsamenschalen?

Am häufigsten werden Flohsamenschalen verwendet – sowohl für medizinische als auch kulinarische Zwecke. Sie stammen von der indischen Flohsamenpflanze, die unserem heimischen Spitzwegerich sehr ähnlich sieht. Ihren Namen trägt sie, weil man die Samen beim flüchtigen Hinsehen durchaus für Flöhe halten könnte.

Flohsamenschalen enthalten große Mengen an unverdaulichen Schleimstoffen, die aus den Zuckern Arabinose, Xylose und Galacturonsäure aufgebaut sind. Man zählt diese zu den löslichen Ballaststoffen. In den ganzen Flohsamen befindet sich reichlich fettes Öl, ähnlich wie bei Hanf oder Leinsamen. Gesund sind auch sie, haben jedoch nicht einmal ansatzweise die gleiche Quellfähigkeit wie die reinen Schalen, weshalb man sie deutlich seltener zu kaufen findet.

Die eben genannten löslichen Ballaststoffe sind der Grund für die sogenannte präbiotische Wirkung von Flohsamenschalen. Als Präbiotika bereiten sie den Darm auf die Aufnahme nützlicher Kulturen wie z.B. probiotischer Milchsäurebakterien vor und helfen diesen, die Darmwand zügig zu besiedeln.

Grüne Kapsel mit BlattAnsonsten macht der Verzehr von Flohsamen bzw. Flohsamenschalen den Stuhl weicher und „schmiert“ die Darmwand. So wird der Stuhlgang deutlich erleichtert und der Darm vollständiger entleert, was z.B. bei Hämorrhoiden oder Darmfissuren hilfreich ist. Auch bei Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder bei Reizdarmbeschwerden kann die regelmäßige Einnahme von Flohsamenschalen wohltuend sein, denn der Schleim legt sich lindernd auf gereizte Darmwände, während Iridoidglycoside zusätzlich entzündungs- und keimhemmend wirken.

Logisch klingt die Erklärung, dass Flohsamen bei der Vorbeugung von Darmkrebs helfen: Der durch die Schleim- und Quellstoffe zäh gewordene Kot modelliert die Darmwand von innen quasi ab und nimmt beim Weiterrutschen des Kots abgestorbene Darmschleimhautzellen, Krankheitserreger und Bakterientoxine mit – fast wie bei einer Enthaarung mit Heißwachs. Tatsächlich kann der Kot nach einigen Tagen regelmäßiger Flohsamenschalen-Einnahme manchmal wie ein Stück „Darm von innen“ aussehen und eine gummiartige Konsistenz aufweisen. Erschrecken Sie dann nicht, sondern freuen Sie sich über die konsequente Aufräumarbeit, die in ihrem Inneren stattgefunden hat!

Wichtig!

Flohsamen sind kein „Sofort-Abführmittel“. Zwei bis drei Tage Geduld sollte man schon mitbringen, bis etwas passiert – und in dieser Zeit deutlich mehr trinken als gewohnt. Denn nimmt man Flohsamen mit zu wenig Wasser ein, saugen sie in ihrem unbändigen Quell-Streben alles an Flüssigkeit auf, was sie finden können … und das kann umgekehrt sogar zu Verstopfung führen.

Dieser erstaunlich-genialen Tatsache ist es zu verdanken, dass Flohsamenschalen nicht nur träger Verdauung auf die Sprünge helfen, sondern ihr auch Einhalt gebieten können, wenn man an Durchfall leidet. In diesem Fall nimmt man das Pulver in nur wenig Wasser zu sich und trinkt ansonsten nicht mehr als gewohnt. Oft lässt der Durchfall binnen weniger Stunden nach oder der Stuhl wird zumindest fester.

Ein guter Begleiter sind Flohsamenschalen auch für die figurbewusste Ernährung. Zum Essen eingenommen, verhindern die löslichen Ballaststoffe nämlich schnelle Blutzuckerspitzen, die einer der Hauptgründe für Heißhungerattacken sind. Dass sie obendrein den Magen füllen und dadurch lange satt machen, ist eine gern gesehene Nebenwirkung.

Interessant und heute kaum noch bekannt ist die äußerliche Anwendung von warmen Breiumschlägen aus Flohsamen. Schon der griechische Arzt Dioskurides erwähnte sie im 1. Jh. n. Chr. gegen Furunkel, Ödeme, Verrenkungen, Geschwüre, Gicht und weitere Beschwerden.

EXTRATIPP:

Den abgekühlt gummiartig-zähen Brei kann man herrlich als völlig ungiftigen „Spiel-Schleim“ zum Kneten nutzen, z.B. für Kinder. Dafür mixt man ca. 8–10 g pulverisierte Flohsamenschalen in einem kleinen Topf gründlich mit 200 ml kaltem Wasser und färbt den Brei nach Lust und Laune mit wenigen Tropfen Lebensmittelfarbe. Die Mischung wird dann langsam unter Rühren erwärmt, bis sie schön dick wird. Ist sie abgekühlt, kann man damit wunderbar spielen. Im Kühlschrank hält sich dieser „Bio-Slime“ etwa zwei Tage lang.

ACHTUNG:

Wer regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sollte die innerliche Verwendung von Flohsamen(schalen) lieber ärztlich abnicken lassen. Definitiv gilt, dass sie immer in mindestens einer Stunde Abstand zu Medikamenten genommen werden, um deren Aufnahme im Darm nicht zu behindern. Bei Darmverschluss, Verengungen im Magen-Darm-Trakt oder wenn aus gesundheitlichen Gründen die tägliche Flüssigkeitszufuhr reduziert ist, sind Flohsamen kontraindiziert.