Himbeere: Die fruchtigrote Geburtshelferin  

Bild von vitoriocool auf Pixabay

Steinzeitliche Funde lassen darauf schließen, dass Himbeeren bereits in frühester Menschheitsgeschichte eine begehrte Speise waren. Später baten Sammler zu Beginn der Erntezeit die Geister um reichen Erntesegen, indem sie ihnen einige Himbeeren in der Mulde eines Opfersteins darboten.

Wir können Himbeeren heute jederzeit ganz ohne Opfergaben und Sammelmühen schlemmen. Menschen jeden Alters lieben sie als Marmelade auf dem Brot, als Sirup auf dem Grießbrei und als köstlichen Kuchenbelag. Die fermentierten Blätter der dornigen Sommerbotin kennt man vielleicht noch als Bestandteil vieler Kräuter-Haustees. Dass sie auch einen festen Platz in der Naturheilkunde und speziell in der Geburtshilfe haben, wissen nur wenige.

Aber nochmal zurück zum roten Früchtchen: In den samtig behaarten, überaus druckempfindlichen Beeren steckt jede Menge Gesundheit. Frühestens ab Juli haben sie genug Sonne getankt, um im Garten oder – mit etwas Glück – am Waldrand gesammelt zu werden. Oft schaffen sie es gar nicht erst bis nach Hause. Zu köstlich duften sie beim Pflücken, zu schnell landen sie im Mund statt im Körbchen! Man kann diesen Ernteschmaus übrigens ganz gut damit verargumentieren, dass die weichen Beeren ja sowieso nur zerdrückt angekommen wären …

Reife Himbeeren punkten nicht nur mit ihrem unverwechselbar fruchtigen Aroma, sondern ganz nebenbei mit relevanten Mengen Vitamin A, C und E, B-Vitaminen, den Mineralstoffen Kalium, Eisen, Phosphor, Calcium, Magnesium und Zink sowie Anthocyanen. Sie sind also eine wunderbare Zutat fürs Morgenmüsli oder verwandeln, kurz aufgekocht, schnödes Vanilleeis zu „Heißer Liebe“. Dabei müssen wir uns nicht einmal auf den Spätsommer beschränken, denn man kann die dunkelroten Vitaminbömbchen sehr gut ohne Wertverlust einfrieren. Weil sie so fragil sind, tauen sie im Handumdrehen auf, wenn man sie braucht.

Ebenso gut machen sie sich übrigens in Likör und Essig, der früher als Heilmittel gegen Fieber, zur Herzstärkung, bei Rheuma und Halsentzündungen empfohlen wurde. Tatsächlich peppt Himbeeressig jeden Salat auf und schmeckt als Aperitiv mit Sekt oder in Wasser als süß-saures Erfrischungsgetränk ganz köstlich.

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Noch heute werden Himbeeren in der Naturheilkunde wegen ihrer entzündungshemmenden, blutreinigenden, beruhigenden, adstringierenden, fiebersenkenden, harn- und schweißtreibenden Wirkung geschätzt. Bringt ein kranker Mensch gerade gar nichts Grüne Kapsel mit Blattherunter, wird man vielleicht mit einem weichen Himbeermarmeladenbrot, Milchreis mit Himbeersirup oder Sirupwasser Glück haben – und damit sogar ein bisschen das Fieber senken.

Volksmedizinisch kommen Himbeerblätter dank ihres hohen Gerbstoffgehalts als Tee bei leichten Durchfallerkrankungen zum Einsatz. Mit dem gleichen Tee kann man gegen Mundschleimhaut- und Rachenentzündungen angurgeln.

Die höchste Wertschätzung genießt Himbeerblättertee  jedoch unter Hebammen: Sie lassen werdende Mütter in den letzten Schwangerschaftswochen Himbeerblättertee trinken, um das Gewebe am Muttermund weich und nachgiebig zu machen. So soll die Geburt erleichtert und Dammschnitten vorgebeugt werden. Entsprechend ist Himbeerblättertee in der gesamten vorherigen Schwangerschaft tabu, um die Gefahr vorzeitiger Wehen auszuschließen.

In der Naturkosmetik darf das wertvolle Öl aus den winzigen Himbeersamen zeigen, was in ihm steckt. Es zieht durch seine günstige Fettsäuren-Zusammensetzung schnell ein, unterstützt die Feuchtigkeitsregulierung der Haut und wirkt nebenbei als leichter Sonnenschutz.