Schafgarbe: Die gefiederte Krampflöserin

Schafgarbe

Schafgarbe – Achillea millefolium Foto: Sidroga Gesellschaft für Gesundheitsprodukte mbH, Arzbacher Str. 78, 56130 Bad Ems

Hartnäckig hält sich das Gerücht, die Schafgarbe trüge ihren Namen, weil magenkranke Schafe sich das Kraut instinktiv einverleiben. Zwar stimmt das nicht, würde aber immerhin Sinn ergeben. Denn die bis zu einen Meter hohe, bei uns bis in subalpine Zonen häufig anzutreffende Doldenblütlerin ist das Entkrampfungskraut Nr. 1 – und zwar schon seit mindestens 49.000 Jahren! Jedenfalls fand man im berühmten Blumengrab von Shanidar im heutigen Irak neben vielen anderen Heilkräuter-Überresten auch Pollen der Schafgarbe. Ein weiterer Fan der aromatischen Pflanze war der beinahe unkaputtbare Sagenheld Achilles. Ihm hatte, wenn man dem griechischen Arzt Dioskurides (1. Jh. n.Chr.) Glauben schenkt, der heilkundige Zentaur Chiron verraten, welch starke Kräfte in dem Kraut stecken. Fortan kurierte Achilles die Wunden seiner Krieger mit Schafgarbe. Ob er noch miterlebte, wie man ihm zu Ehren deren botanischen Namen Achillea millefolium (lat. millefolium = „tausenblättrig“) aus der Taufe hob, ist nicht bekannt – wohl aber avancierte sie dadurch zu einem der erfolgreichsten Heilkräuter ever. Zahlreiche volkstümliche Beinamen wie Blutstillkraut, Frauendank, Beilhieb-, Zimmermanns– und Sichelkraut machen schnell klar, gegen welche Leiden man damit speziell ins Feld zog: Frauenbeschwerden plus Wunden, die durch eiserne Werkzeuge oder Waffen entstanden sind. Wenige wissen hingegen, dass die Schafgarbe sogar mageren, kranken Boden verbessert bzw. benachbarte Pflanzen vor Krankheiten schützt, weshalb man sie in ländlichen Gegenden ehrfürchtig Grundheil nennt.

Zusätzlich schrieb man der Schafgarbe später Weissagekräfte in Sachen Liebe zu: So sollten ihre Blätter unterm Kopfkissen junger Mädchen Träume vom künftigen Partner bringen (daher der Volksname Augenbraue der Venus!) oder, kräftig in einem Nasenloch gedreht, durch das daraufhin einsetzende Nasenbluten die Hingabe des Angebeteten anzeigen. Dass dies eher den scharfen kleinen Widerhaken an den Blatträndern zu verdanken war, tat der Hoffnung keinen Abbruch. (Noch viel später nutzten lernfaule Schulkinder denselben Trick, um sich ein paar unterrichtsfreie Stunden zu verschaffen – in England bezeichnet man die Schafgarbe deshalb unter anderem als nose bleed.) Verschmähte Verehrer hingegen erhielten von der Frau ihrer Träume einen sprichwörtlichen „Korb“ … der neben anderen Blumen auch Schafgarbe enthielt.

Grüne Kapsel mit BlattIm christlichen Glauben spielt die Heilpflanze des Jahres 2004 noch heute als Bestandteil der Gründonnerstagssuppe und des vor Unheil schützenden „Kräuterbuschens“ eine Rolle, der zu Mariä Himmelfahrt aus mindestens 7 Wildkräuterarten gebunden und vom Pfarrer gesegnet wird. Und dieser Rolle nun stimmen wir ausdrücklich zu – solange man bei Appetitlosigkeit, Magen-, Frauen- und Hautleiden die Schafgarbe aus dem Strauß herauszieht, um einen Teeaufguss daraus zu bereiten! Dieser wirkt, genau wie der Frischpflanzensaft, nachweislich entkrampfend auf Magen, Darm, Leber/Galle und die weiblichen Geschlechtsorgane sowie den Harntrakt. Der hohe Gehalt der Schafgarbe an ätherischen Ölen, Gerb- und Bitterstoffen, Flavonoiden und Mineralien macht sie außerdem zu einem perfekten Mittel gegen entzündliche Hautleiden sowie Neuralgien – z.B. als Badezusatz, Auflage, Salbe oder Waschung. Als Bestandteil der allseits bekannten Traumeel Salbe lässt sie stumpfe Verletzungen schneller abheilen. Insgesamt ist das Wirkpotenzial der Schafgarbe dem der Kamille sehr ähnlich; sogar ihr wertvolles ätherisches Öl ist genauso tiefblau, was  auf den enorm antimikrobiell potenten Stoff Azulen hinweist.

Vorsicht gilt wie immer in der Schwangerschaft und natürlich bei einer Allergie auf Korbblüter. Ansonsten aber sollte die Schafgarbe in keinem Kräuterteeregal und keiner Hausapotheke fehlen!