Pestwurz: Hasst Migräne wie die Pest

Pestwurz – Petasites hybridus

Nein, die Gemeine Pestwurz ist weder böse noch stinkt sie. Ihren Namen trägt die Pflanze, deren bizarr kolbenförmige, vieldoldige hellviolette und seltener auch weiße Blüte im Frühjahr wie beim Huflattich noch vor den Blättern erscheint, aus zwei ganz anderen Gründen: Zum einen erinnerten die bis zu 60 cm großen, auf der Unterseite oft filzigweiß behaarten Blätter die Griechen an einen breitkrempigen, flachen Reisehut namens pétasos. Und zum anderen war die feuchtigkeitsliebende Blume eine von vielen, die man im Mittelalter verzweifelt gegen die Pest einsetzte – ob mit Erfolg, ist nicht sicher überliefert. Bis dahin hat die Pestwurz allerdings schon eine lange Tradition als Medizin geschrieben: So fanden sich etwa unter den Grabbeigaben im 7000 Jahre alten Gräberfeld Hallstatt Rückstände von Pestwurz, was auf eine außerordentliche Wichtigkeit der Droge hinweist. Nach Empfehlung des griechischen Arztes Dioskurides verordnete auch Hildegard von Bingen im 11. Jahrhundert Pestwurz-Zubereitungen gegen Entzündungen und Geschwüre. In den folgenden Jahrhunderten kam man den schmerzstillenden Eigenschaften des Wurzelstocks auf die Spur und der Pestwurz (auf Englisch: butterbur) schien eine große Zukunft sicher. Dessen ungeachtet verschwand sie um das 18. Jahrhundert weitgehend aus dem Blickfeld der Mediziner – bis sie nach dem Zweiten Weltkrieg endlich wieder ins Rampenlicht trat.

Grüne Kapsel mit BlattZum Glück! Denn seither haben Extrakte aus dem Pestwurz-Wurzelstock in zahlreichen medizinischen Studien eine sehr gute Wirksamkeit gegen viele Beschwerden gezeigt. Neben krampfartigen Schmerzzuständen z.B. bei Harnwegsinfekten, Reizblase und Blasensteinen können auch spannungsbedingte Nacken- und Rückenschmerzen gut auf Pestwurz ansprechen. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Heuschnupfen, bronchitischer Husten und Asthma, welches ja ebenfalls auf eine Verkrampfung und Verengung des Bronchialtrakts zurückgeht. Hier spielen die spasmolytischen (krampflösenden) Petasine der Pflanze Hand in Hand mit entzündungshemmenden Flavonoiden und schleimhautschützenden Schleimstoffen. Die wichtigste Indikation für die Anwendung von Pestwurz sind jedoch Spannungskopfschmerzen bis hin zu regelrechter Migräne. Hier hat sich vor allem die prophylaktische Anwendung standardisierter Pestwurz-Präparate in Kapselform bewährt. Wer nicht gern Kapseln oder Tabletten schluckt, kann auf eine Pestwurz-Tinktur ausweichen. Studien zeigen, dass sich die Häufigkeit und Schwere von Migräne-Attacken damit um bis zu 60 % reduzieren und somit deutlich besser auszuhalten sind. Etwas Geduld ist dabei allerdings erforderlich: Mit einer Wirkung kann nicht vor 6 bis 8 Wochen gerechnet werden. Bei akuten Anfällen kann auch die mehrmals tägliche Einnahme einer höheren Dosis Erleichterung bringen.

A propos Dosis: Nicht zu Unrecht raten selbst Heilpflanzenkundige von selbstgesammelter Pestwurz zur Eigenbehandlung ab. Alle Pflanzenteile enthalten neben den arzneilich wirksamen Stoffen Pyrrolizidinalkaloide, die im Verdacht stehen, die Leber zu schädigen. Für geprüfte arzneiliche Zubereitungen aus der Apotheke werden deshalb speziell gezüchtete alkaloidarme Sorten verwendet.