Brunnenkresse: Die scharfe Ganzjahres-Vitaminspenderin

Brunnenkresse

Brunnenkresse – Nasturtium officinale

Beim Spaziergang an langsam dahinfließenden Bächlein und Gräben sieht man auf dem Wasser oft üppige Teppiche von tiefgrünen Pflanzen, ab Mai bis in den Herbst hinein gekrönt von zarten weißen Blüten. Fast immer handelt es sich dabei um Brunnenkresse – zumindest dann, wenn die Stängel hohl, die fleischigen Blätter fünf- bis neunlappig und die Staubfäden der Blüte gelb sind. Sind die Stängel mit Mark gefüllt, die Blätter weniger „geöhrt“ und die Blüten mit violetten Staubfäden versehen, hat man eher das recht ähnliche Bittere Schaumkraut vor sich. Die gute Nachricht: Beide Pflanzen schmecken nicht nur ähnlich, sondern sind auch beide ungiftig und haben annähernd gleiche Wirkungen. Sammlerinnen und Sammler sollten nur unbedingt darauf achten, dass das Erntegewässer sauber, fließend und möglichst weit entfernt von Tierweiden liegt (sonst Gefahr von Verunreinigungen mit Insekten- oder Parasitenlarven!).

Schon die alten Griechen und Römer schätzten die auch „Bachsenf“ genannte Pflanze als ganzjährig (ja, sogar im Winter!) verfügbares Küchen- und Heilkraut. Im Mittelalter schrieb man ihr ganz richtig blutreinigende und harntreibende Eigenschaften zu und verordnete sie erfolgreich gegen Kropferkrankungen (wofür, wie wir mittlerweile wissen, ihr hoher Jodgehalt verantwortlich war). Ein weiteres Einsatzgebiet waren und sind Erkältungssymptome, worauf auch der botanische Name Nasturtium zurückgeht: Nasi tortium bedeutet auf Lateinisch so viel wie „Nasenschinder“ – und tatsächlich werden verstopfte Schnupfennasen durch die pflanzeneigene Schärfe schneller frei.

In Deutschland wurde Brunnenkresse seit dem 17. Jahrhundert in extra dafür angelegten sogenannten Klingengräben kultiviert und nach ganz Europa exportiert. Im Dreibrunnenfeld Erfurt sind diese Wassergrabenfelder bis zum heutigen Tag bewirtschaftet. Die erfolgreiche Anbaumethode wurde von Napoleons Gärtnern ab 1810 übernommen. Neben Frankreich hat auch England nach wie vor bedeutende Anbaugebiete.

Ihr Haupt-Einsatzgebiet hat Brunnenkresse heute in der Wildkräuter- und Gourmetküche. Sie verleiht Salaten, Pestos, Quark, Risotto und Butterbrot durch ihren hohen Gehalt an gesunden Senfölglykosiden eine angenehme Schärfe. Außerdem bringt sie mit 80 mg je 100 g Pflanzenmasse Unmengen an Vitamin C sowie relevante Mengen Bitter- und Gerbstoffe, ätherische Öle, Vitamin A, K, B1 und B2, Jod, Eisen und Calcium auf den Teller. Diese Zusammensetzung reichte US-amerikanischen Wissenschaftlern, um Brunnenkresse zum gesündesten Lebensmittel zu küren.

Grüne Kapsel mit BlattSenfölglykoside schmecken aber nicht nur gut: Zusätzlich wirken sie stark antibakteriell und regen Stoffwechsel und Verdauung an – was Brunnenkresse zum entschlackenden Einsatz in jeder Frühjahrskur prädestiniert. Praktisch ist, dass sie genau zum richtigen Zeitpunkt massenhaft verfügbar ist … solange man weiß, wo man sie findet. Wissenschaftlich belegt ist ihre schleimlösende Wirkung bei Katarrhen der oberen Luftwege.
Unabhängig von der frischen Pflanze sind auch Brunnenkresse-Frischpflanzensaft und Tinkturen erhältlich; getrocknet verliert sie einen Großteil ihrer Inhaltsstoffe. Eine erfolgreiche Zusatzkarriere führt Brunnenkresse als Bestandteil von Bleichcremes im Einsatz gegen Alters- und Pigmentflecken. Alternativ können Frischpflanzensaft oder Tinktur aufgetupft werden – übrigens auch bei Akne.

SchaufelBrunnenkresse aus dem eigenen Garten?

Der Versuch, die Pflanze im Garten(teich) anzusiedeln, lohnt sich. Dazu setzt man entweder vorsichtig samt Wurzel ausgegrabene Jungpflanzen direkt ein oder sät die reifen Samen aus ihren schmalen Schötchen in tiefen, zentimeterhoch erdgefüllten Bottichen aus. Erst wenn die Pflänzchen sicher wurzeln, kann das Wasser auf ca. 50 cm aufgefüllt werden.

ACHTUNG:

Bei übermäßiger Anwendung reizen Senfölglykoside die Schleimhäute. Deshalb sollten Patienten mit vorbestehenden Nierenerkrankungen, Magen- oder Darmgeschwüren keine Arzneimittel oder Gerichte aus Brunnenkresse zu sich nehmen. Gleiches gilt für Kinder unter vier Jahren und Schwangere. Wer blutverdünnende  Medikamente einnehmen muss, sollte wegen eventueller Wechselwirkungen die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt befragen.