Süßholz – der Bärendreck, der Husten löst

Süßholz

Suessholz, Glycyrrhiza glabra Foto: Bild Nr 1323277 von emer, pitopia.de

Wenn jemand „Süßholz raspelt“ oder „Schmonzes mit Lakritzen“ erzählt, steckt dahinter eine zwar angenehme, aber weitgehend geheuchelte Schmeichelei. Dabei hat Süßholz viel mehr auf dem Kasten als nur leere Versprechungen! Zum Beispiel konnte Charlie Chaplin im Film „Goldrausch“ nur deshalb seine Schnürsenkel verspeisen, weil sie aus Lakritzschnüren gefertigt waren. ;-)

Als typischer Geschmacksgeber der allseits bekannten, aber nicht allseits beliebten Lakritze (und des englischen Ale!) hat die Arzneipflanze des Jahres 2012 ihren Platz zunächst in der Leckereiensparte gefunden. Gewonnen wird die in allen nur möglichen Form- und Geschmacksvarianten erhältliche Süßigkeit aus der Süßholzwurzel (von griech. „glykys“ = süß + „rhiza“ = Wurzel). Sie wird getrocknet, zerkleinert und zu einem starken Sud aufgekocht, der beim Eindicken zäh, schwarz und – Überraschung! – sehr süß wird. Um genau zu sein, 50-mal süßer als Rohrzucker.

Als Tee hatten bereits die Heiler der griechischen Antike und des ägyptischen Altertums die Süßholzwurzel gegen Magenleiden und Erkrankungen der Atemwege eingesetzt – daran hat sich bis heute nichts geändert. In Form von festen Talern, die bereits ansatzweise unserer heutigen Lakritze ähnelten, verordneten Ärzte und Apotheker Lakritze ab dem Mittelalter. Doch erst 1760 kam ein englischer Apotheker auf die Idee, der doch recht herben Sache Zucker zuzusetzen. Dieser verbesserte nicht nur die schleimlösende Wirkung der Lakritze, sondern vor allem ihre Beliebtheit bei den Patienten, die vorher bei jeder Einnahme das Gesicht verzogen hatten. Anfang des 20. Jahrhunderts fügte man dann noch Anisöl und Ammoniumchlorid hinzu – die berühmten >Salmiakpastillen gegen Husten und Heiserkeit waren geboren.

SchaufelIn Deutschland, wo man den Süßholzstrauch tatsächlich lange Zeit (in der Gegend um Bamberg noch heute) landwirtschaftlich anbaute, wurde Lakritze auch unter dem Namen „Bärendreck“ bekannt. Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass die schwarzbraune Leckerei eine Ähnlichkeit mit den Hinterlassenschaften des pelzigen Raubtiers hat. Vielmehr war ein Nürnberger Süßwarenfabrikant namens Karl Bär seinerzeit so klug, sich einige Lakritzarten patentieren zu lassen … was ihm darin quasi ein Monopol verschaffte.

Grüne Kapsel mit BlattChemisch gesehen verdankt die Süßholzwurzel in all ihren Zubereitungsformen ihre Wirkung vor allem einem Saponin namens Glycyrrhizinsäure. Sie verflüssigt und löst festsitzenden Schleim und hilft beim Abhusten. Aus diesem Grund ist Süßholzwurzel in vielen >Hustentee-Mischungen enthalten. Außerdem besitzt Süßholzextrakt antibakterielle und antimykotische Eigenschaften, was ihn zu einem wichtigen Therapeutikum bei allen entzündlichen Magenerkrankungen sowie Hepatitis A und C macht. Tatsächlich scheint sich sogar der fiese Magenkeim Helicobacter pylori der Kraft der Süßholzwurzel zu beugen. Deshalb wird Süßholz – und ja, auch als Lakritze – bei chronischer Magenschleimhautentzündung und Magengeschwüren empfohlen. Neuere Forschungen befassen sich aktuell mit dem Einsatz von Süßholzextrakt gegen Herpes. Offenbar ist dieser in der Lage, dem Herpesvirus quasi die Maske vom Gesicht zu reißen, die normerweise seine Entdeckung und rechtzeitige Bekämpfung durch die Körperzellen verhindert.

Also: Her mit Lakritzschnecken & Co. – jedenfalls in Maßen! Vorsichtig sein sollten Bluthochdruck- und Nierenpatieten, weil die längere Einnahme von Süßholzpräparaten den Elektrolythaushalt verschiebt, was sich ihn höherem Blutdruck und nierenbelastenden Wassereinlagerungen im Gewebe äußern kann.