Mönchspfeffer: Der „Regulator“ unter den Frauenkräutern

Mönchspfeffer, Vitex agnus castus, Heilpflanzen Foto: Bionorica

Im Mittelmeerraum bis hin nach Zentralasien trifft man den bis zu vier Meter hohen Mönchspfefferstrauch an. Die gefingerten, aromatisch duftenden Blätter des attraktiven Eisenkrautgewächses könnte man leicht mit Hanf verwechseln, während ihre dicht gedrängt stehenden weißen, rosa-, blau- oder violettfarbenen Blütenrispen eher an Salbei oder Schmetterlingsflieder erinnern.

Wie bei vielen traditionellen Heilpflanzen ist auch die etymologische Betrachtung des Mönchspfeffers hochspannend bezüglich seiner ursprünglichen Verwendung. Beginnen wir mit dem botanischen Namen agnus castus: agnos ist eine Zusammensetzung der griechischen Begriffe a (= ohne) und gonos (= Nachkommen) – es bedeutet also „ohne Nachkommen“. Das lateinische castus wiederum heißt „keusch“. Beides zusammen ergibt ein klares Bild: Hier haben wir es mit einer Pflanze zu tun, die anaphrodisisch, also hemmend auf die Libido wirkt. Und wer profitiert von solchen Effekten am meisten? Genau: mittelalterliche Mönche und Nonnen, die auf Anweisung von oben ihren Sexualtrieb streng im Zaum halten mussten.* Zu diesem Zweck würzten sie ihre kargen Speisen erfolgreich mit kleinen (!) Mengen der pfeffrig-scharf schmeckenden Früchte. Ähnlich gelagert, jedoch weniger effektiv dürfte der Grund für die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung „Liebfrauenbettstroh“ gewesen sein; den Erhalt seiner Jungfräulichkeit einer Matratze aus Mönchspfefferlaub anzuvertrauen, mutet doch recht naiv an. Ein dritter Volksname der Pflanze lautet „Keuschlamm“. Er erfordert unbedingt korrektes Worttrennungs-Denken, denn mit Schlamm hat er weniger zu tun hat als vielmehr mit der lateinischen Auslegung des Wortteils agnus (lat. „Lamm“).

Aktuelle medizinische Indikationen für die Einnahme von Mönchspfeffersamen sind klar in der Frauenheilkunde zu suchen. Zwar ist der Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt, doch scheint die Gesamtheit der Inhaltsstoffe die Hypophyse zu beeinflussen – und damit den Hormonhaushalt: Während etwa Diterpene durch Besetzung der Dopaminrezeptoren die Prolaktin-Ausschüttung hemmen, steigen der Progesteron- und der Gelbkörperspiegel an, was wiederum ursächlich den Zyklus reguliert.

Grüne Kapsel mit BlattSogar die Hochschulmedizin greift deshalb z.B. bei Wechseljahresbeschwerden, prämenstruellem Syndrom (PMS), schmerzenden Brüsten (Mastodynie) in den „Tagen vor den Tagen“ und unregelmäßiger, schmerzhafter Periode zu >Fertigpräparaten mit Mönchspfeffer-Extrakt.  Ein weiteres Einsatzgebiet ist unerfüllter Kinderwunsch, sofern die Empfängnis durch Gelbkörperschwäche beeinträchtigt ist. Es ist wichtig zu wissen, dass erste Wirkungen erst nach ca. dreimonatiger Einnahme relevanter Dosen von mindestens 4mg/Tag zu erwarten sind – auch wenn manche Frauen bei akuten Menstruationsschmerzen durchaus Erfolg mit Agnus-castus-Einmaldosen (Dragees oder Tropfen) haben.

Männer sollten Mönchspfeffer übrigens lieber nicht in Eigenregie anwenden, weil sie leicht Opfer einer sogenannten pharmakologischen Wirkungsumkehr werden könnten: Niedrige Dosen lassen den Prolaktinspiegel in die Höhe und den Testosteronspiel in den Keller rauschen – mit entsprechenden Folgen für die Potenz.

In der Tiermedizin weisen Studien darauf hin, dass Mönchspfeffer-Präparate viele Symptome des gefürchteten Cushing-Syndroms bei Pferden und Ponys signifikant lindern kann.

ACHTUNG:

Bei hormonabhängigem Brust- oder Hypophysenkrebs sowie in Pubertät, Schwangerschaft und Stillzeit dürfen Mönchspfeffer-Produkte nicht eingenommen werden! Bei gleichzeitiger Einnahme anderer dopaminbeeinflussender oder hormonstimulierender Medikamente ist unbedingt vorher ein Arzt zu befragen.

*Derselbe Grund führte übrigens zur temporären Verbannung des köstlich-gesunden >Knoblauchs aus mittelalterlichen Klostergärten: Er nämlich fördert die männliche Sexualfunktion … und das konnten Mönche im Zölibat nun wahrhaftig nicht gebrauchen.